Adrián Mills
Adrián Mills, in Spanien geboren und in Pforzheim aufgewachsen, trug schon in seiner Kindheit die leisen Samen dessen in sich, was später sein Klanguniversum werden sollte. Mit sechs Jahren begann er, Geige zu spielen – ein frühes Eintauchen in Melodie, Vibration und Klang als Ausdruck. Mit zwölf bekam er seinen ersten Mixer in die Hände: kein Spielzeug, sondern ein Werkzeug, um zu erforschen, wie Klänge kombiniert, gegeneinander geschoben und miteinander verschmolzen werden können. Mit 16 öffnete sich das Tor zur elektronischen Welt, als ein Freund ihn in die Tiefen des Techno einführte. Diese Begegnung war kein simples Verlieben, sondern ein sich herausbildender Sog – ein Riss in der Oberfläche des Gewohnten, hinter dem Lärm und Rhythmus warteten.
In den frühen Jahren bewegte sich Mills im lokalen Underground: kleine Clubs in und um Pforzheim, Raves und Veranstaltungen, die überregional kaum bekannt sind. Aber genau dort lernte er, wie man eine Menge spürt und wie sich Puls und Energie auf den Tanzboden übertragen. Im Gotec Club in Karlsruhe und im Connex Club in Mannheim fand er erste Resident-Stellungen, dauerhafte Orte, an denen er sein Setspektrum und die Wirkung seiner Auswahl, Übergänge und Lautstärke schulte.
Ein wichtiger Wendepunkt kam 2021 mit mehreren Veröffentlichungen: AFTERHOURINPARIS auf dem Label Katana Cologne sowie Ferrari F40 über das Imprint Concrete Berlin. Diese Stücke waren mehr als nur Tracks – sie waren Momentaufnahmen seiner Reife und seiner Fähigkeit, Härte und Atmosphäre, rohe Energie und kontemplative Spannungen zusammenzubringen. Mit der Gründung seines Labels und Kollektivs 240 km/h im Jahr 2022 manifestierte sich sein Wunsch, nicht nur Teil einer Szene zu sein, sondern eine Klanggemeinschaft bewusst zu formen: Künstler mit ähnlicher Ästhetik, die sich durch harte Sounds, Visionen und eine kompromisslose Klangästhetik auszeichnen.
Seine Musik lässt sich nicht einfach etikettieren. Sie oszilliert an der Schnittstelle von (Early) Hardstyle, Hardcore, Acid und hartem Techno und ist durchsetzt von Einflüssen aus Ghetto-Vibes sowie Vocal-Samples, die nicht nur Effekte sind, sondern Emotionen transportieren. In seinen Produktionen gibt es Momente, in denen der Schlag der Kickdrum wie ein Herzschlag wirkt, in denen die Acid-Line und die verzerrte Synthfläche fast schreien. Aber es gibt auch Augenblicke, in denen sich Raum und Atmung öffnen – Stille, Hall, dunkle Flächen, die wie Schatten zwischen grellem Licht wirken.
Die Emotionen in seiner Musik sind ambivalent: ein Durst nach Eskalation und gleichzeitig die Sehnsucht nach Transzendenz. Seine Tracks und Sets fordern und provozieren das Publikum und katapultieren es in Zustände gesteigerter Wahrnehmung. Aber sie schenken auch Ruhe – nicht als Schwäche, sondern als notwendiges Innehalten, damit die nächste Explosion ihre Wirkung entfalten kann. Nostalgie schwingt mit: Heimat, Kindheit, Erinnerung. Sie ist nicht explizit, sondern ein atmosphärisches Echo, das sich hinter den harten Klängen verbirgt und sie gleichzeitig menschlich macht.
Künstlerisch hat sich Adrián Mills in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. In der frühen Phase stand Energie und Direktheit im Vordergrund: Rave-Sound, rohe Drums, kraftvolle Acidlinien und Vocalparolen. Inzwischen tritt in seinen Produktionen und Sets eine raffiniertere Dramaturgie hervor: Kurven, Spannung, Brüche, Rückzug und Rückkehr. Sein Label 240 km/h publiziert nicht nur Tracks, sondern auch Kompilationen und Projekte mit mehreren Künstlern sowie gemeinsame Visionen. Das ästhetische Konzept wird also breiter gedacht. Dies wird etwa bei der INTERGALÁCTICO EP (2024) deutlich: Sie ist roh und hypnotisch und gleichzeitig vielschichtig. Titel wie „Átlantis“, „La Casa“ oder „Área Azul“ arbeiten nicht nur mit Härte, sondern auch mit Klangfarbe, Tempowechsel und Stimmungsarbeit.